Dir gehst nicht so gut, du hast eine psychische Diagnose bekommen, oder selbst Verdacht entwickelt? Oder dein (Haus-) Arzt oder ein*e gute*r Freund*in hat empfohlen, mal mit jemandem zu sprechen? Hier bekommst du eine Schritt-für-Schritt Anleitung und Infos darüber, wie du einen Therapieplatz bekommst.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Wie schnell bekommt man einen Therapieplatz?
- 2 Entscheidung treffen: Selbst zahlen oder auf Kosten per Krankenkasse?
- 3 Brauche ich überhaupt Psychotherapie?
- 4 Gesetzliche vs. private Krankenkasse
- 5 Muss ich vorher zum Hausarzt? Brauche ich eine Überweisung?
- 6 Erstgespräch bekommen
- 7 Psychotherapeut:in finden
- 8 Therapeut:in kontaktieren
- 9 Niemand hat freie Kapazitäten? Deine gesetzliche Krankenkasse zahlt eine Privatpaxis!
- 10 FAQ
Wie schnell bekommt man einen Therapieplatz?
Wartezeiten betragen je nach Region und Anliegen unteschiedlich lang. Laut Ärzteblatt (2024) warten 90% der Therapiesuchende weniger als 3 Monate auf ein Erstgespräch. In 84% der Fälle habe dann auch eine anschließende Psychotherapie stattgefunden. Ältere Zahlen von 2023 berichten eher Wartezeiten von 5 Monaten (22 Wochen).
Keinen Bock auf Warten oder alles ist voll?
Ich bin Psychologische Psychotherapeutin und habe immer ein paar Slots für akute Anfragen. Die psychologische Beratung findet online, per Telefon oder vor Ort in Detmold, NRW, statt. Die Kosten richten sich nach der Gebührenordnung für Psychotherapie (GOP). ✉️ Schreib mir.

Entscheidung treffen: Selbst zahlen oder auf Kosten per Krankenkasse?
Grundsätzlich hast du mit deiner Krankenversicherung auch ein Recht auf die Übernahme der Kosten deiner Therapie. Wenn du einen Platz bei einer praktizierenden Person mit Kassensitz bekommst musst du in diesem Fall nichts selbst bezahlen. Deine Krankenkasse übernimmt die Behandlung vollständig.
Es gibt jedoch auch die Option, die Psychotherapie selbst zu zahlen. In diesem Fall hast du entsprechend auch keinen Eintrag in der Krankenakte. Das ist gut, wenn du verbeamtest werden möchtest oder noch keine Berufsunfähigkeitsversicherung hast. Wenn das auf dich zutrifft, kann ich dir gerne Termine anbieten.
Brauche ich überhaupt Psychotherapie?
Ob du eine Psychotherapie brauchst, hängt von deiner individuellen Situation ab. Wenn du unter starken psychischen Belastungen (z.B. schlechter Stimmung, Ängsten, Schlafstörungen, …) leidest, die deinen Alltag, deine Arbeit oder deine Beziehung(en) negativ beeinflussen kann es sinnvoll sein, eine Psychotherapie in Betracht zu ziehen.
Auch wenn du „nur“ das Gefühl hast, festzustecken oder sich selbst besser verstehen möchtest, kann eine Therapie sinnvoll sein. Die fachliche Einschätzung darüber, ob du tatsächlich eine Therapie benötigst, übernehmen die behandelnden Ärzte/Ärztinnen oder Psychotherapeut:innen. Niemand erhält eine Psychotherapie, wenn sie nicht erforderlich ist.
Diese Einschätzung wird im Rahmen einer psychotherapeutischen Sprechstunde getroffen, welche verpflichtend vor Beginn einer Therapie durchgeführt wird. In diesem Gespräch wird abgeklärt, welche Symptome bei dir vorliegen, welche Diagnose bei dir vorliegen könnte und welche therapeutischen Maßnahmen dir helfen können.
Was kostet Psychotherapie?
Bei einer Praxis mit Kassensitz kostet dich die Therapie nichts. Die Kosten werden vollständig von der Krankenkasse übernommen.
Bei einer Therapie für Selbstzahlern oder einer Privatpraxis richten sich die Kosten nach der Gebührenordnung (GOP bzw. GOÄ) und du zahlst pro Stunde 100,55 € bzw. 153 €.
Gesetzliche vs. private Krankenkasse
Bevor du dich auf die Suche nach einer geeigneten Praxis begibst, musst du herausfinden wie du versichert bist. Wenn Sie bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert bist, brauchst du eine:n Psychotherapeut:in mit Kassenzulassung oder eine Praxis, die im Kostenerstattungsverfahren abrechnet.
Bei privaten Krankenversicherungen solltest du unbedingt vorher bei deiner Versicherung nachfragen, wie genau die das regeln. Das unterscheidet sich häufig. Du solltest die entsprechenden Informationen auch auf der Website oder in deiner Versicherungspolice finden. Oft ist es aber so, dass für dich sowohl therapeutische Praxen mit Kassensitz, als auch Privatpraxen in Frage kommen. Falls die Beihilfe bei dir involviert ist, frage außerdem bei deiner zuständigen Beihilfestelle nach.
Viele private Krankenversicherungen bezahlen auch Video-Psychotherapie.
Muss ich vorher zum Hausarzt? Brauche ich eine Überweisung?
Nein. Um einen Termin bei einem Psychotherapeuten zu vereinbaren, brauchst du keine Überweisung. Du kannst dich direkt dort melden.
Trotzdem kann ein Besuch in deiner Hausarztpraxis sinnvoll sein. Denn psychische Symptome wie z.B. Erschöpfung oder Angstzustände können auch körperliche Ursachen haben. Diese sollten vor Beginn einer Psychotherapie abgeklärt werden.
Dein Hausarzt oder deine Hausärztin kann auch einen sog. „Dringlichkeits-Code“ ausstellen.
Wenn du bereits einen Therapieplatz bekommen hast, brauchst du häufig eine:n Arzt/Ärztin (Hausarzt, Neurologin, …), für den sogenannten Konsiliarbericht. Darin steht, dass für deine Beschwerden keine körperlichen Ursachen (z.B. Nährstoffmangel, Probleme mit der Schilddrüse, …) in Frage kommen und eine Psychotherapie deshalb indiziert ist.
Erstgespräch bekommen
Ein Erstgespräch dient dazu, deine Beschwerden einzuschätzen und abzuklären, ob und welche Therapie für dich hilfreich ist. Diese Erstgespräche werden „Psychotherapeutische Sprechstunde“ genannt.
Terminvergabe per 116 117
Gesetzlich Versicherte können entweder über den Terminvergabeservice online einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde ausmachen. Ein Vermittlungscode ist hierfür nicht notwendig. Alternativ kann auch die Telefonnummer 116 117 angerufen werden.
Wichtig: Die Vereinbarung dieses Erstgespräches ist keine Garantie für einen Therapieplatz. Es dient der Ersteinschätzung der Symptomatik und Abwägen von möglichen Behandlungsoptionen.

Videobasierte Ersteinschätzung über Mindu
Über den Anbieter mindu.de kannst du online einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde aussuchen und wahrnehmen. Hierfür buchst du einen Termin, füllst einen Online-Fragebogen aus und sprichst dann mit einer Fachperson. Im Anschluss an das Gespräch bekommst du einen kurzen Bericht mit Verdachtsdiagnose und Therapieempfehlungen.
Laut Website ist das Angebot für gesetzlich Versicherte kostenfrei. Die Behandler:innen rechnen die Sprechstunde direkt mit den Krankenkassen ab.
Privatversicherte und Selbstzahler erhalten im Anschluss an die Online-Videosprechstunde eine Rechnung auf Basis der Gebührenordnung für Ärzte in Höhe von ca. 170 € . Diese kann bei der Krankenversicherung zur Erstattung eingereicht werden. Es ist sinnvoll vorab die Kostenübernahme vrab mit der eigenen Krankenversicherung abzuklären. Auf der Website wird hierfür ein Vordruck zur Verfügung gestellt.
Psychotherapeut:in finden
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Therapeuten direkt suchen und kontaktieren
Möglichkeit 1: Suche bei Google
… nach therapeutischen Praxen in deiner Nähe. Suchbegriffe: „Psychologischer Psychotherapeut {Stadt}„, „Psychotherapeutin {Stadt}“ oder „Psychotherapie {Stadt}“ oder „Psychologe {Stadt}“ eignen sich hierfür ganz gut.
Achte darauf, dass du eine Praxis findest, in der eine psychologischen Psychotherapeutin oder ein -therapeut arbeitet. Nur diese haben ein entsprechendes Studium und die Ausbildung absolviert, um echte Psychotherapie anbieten zu dürfen. Heilpraktiker für Psychotherapie sind keine Psychotherapeuten!
Möglichkeit 2: Nutze Datenbanken
Statt per Suchmaschine kannst du in Datenbanken nach einer passenden Praxis suchen und die gefundenen Praxen selbstständig kontaktieren.
Mögliche Optionen sind folgende:
- Psychotherapeutensuche der Bundespsychotherapeutenkammer (die Seite leitet nach Auswahl des jeweiligen Bundeslandes auf die zuständigen Landeskammer weiter)
- Arzt- und Psychotherapeutensuche der 116 117. Im Feld Wen/Was „Psychotherapie“ eingeben und mit Angabe des Ortes und Umkreises eingrenzen.
- Liste der Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung
- Psychotherapiesuche
- Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen und regionalen Psychotherapeutenkammern bieten entsprechende Verzeichnisse an.
In der Regel gibt es feste Telefonsprechzeiten, in denen in Praxen angerufen werden kann um Termine zu vereinbaren.
Geheimtipp: Ausbildungsinstitute für Psychotherapie
Im Rahmen der Psychotherapeutenausbildung müssen angehende Therapeut:innen Ambulanzstunden absolvieren. Das bedeutet die (jungen) Therapeut:innen müssen Patient:innen behandeln. Hierfür sind an viele Ausbildungsinstitute Ambulanzen angeschlossen, die die Patientenvermittlung übernehmen. Entsprechend sind die Wartezeiten hier deutlich kürzer. Die sogenannten „PIAs“ (= Psychotherapeut*innen In Ausbildung) haben noch keine Approbation, kommen jedoch frisch aus der Theorie. Das heißt sie sind auf dem aktuellen Stand der Forschung und sie nehmen sich oft noch mehr Zeit für ihre Patientinnen und die Vor- und Nachbereitung der Therapiestunden. Außerdem sind in regelmäßigem Austausch mit Supervisoren, d.h. erfahrenden Psychotherapeut:innen.
Institute findest du in fast jeder größeren Stadt. Du findest sie auf Google mit den Stichworten „Ausbildungsinstitut Psychotherapie + deine Stadt / nächst größere Stadt„.
Hilfe bei der Suche nach einem Therapieplatz
Die Suche nach einem Therapieplatz kann anstrengend und mühsam sein. Insbesondere wenn es dir nicht gut geht. Lass dir deshalb bei der Suche helfen. Frage Angehörige und/oder Freund:innen um Hilfe bei der Recherche und Vereinbarung von Terminen.
Darüber hinaus gibt es folgende Möglichkeiten:
- Psychotherapie-Informations-Dienst (PID)
Hier kannst du dich telefonisch oder per Mail (pid@psychotherapiesuche.de) zu allen Fragen rund um Psychotherapie und Therapieplatzsuche beraten lassen.
Telefonnummer: 030 / 209 166 330
Montag und Dienstag 10-13 Uhr, Dienstag 10-13 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 13-16 Uhr - Servicestelle 116 117
Der Terminservice kann helfen einen Termin bei einer örtlichen Praxis zu bekommen und im besten Falle haben diese auch einen Therapieplatz frei. - Deine Krankenkasse
Frage bei deiner Krankenkasse nach Adresslisten von Vertragsbehandler:innen. Das sind Praxen, die von den Kassen anerkannt sind.
Therapeut:in kontaktieren
Du kannst Praxen direkt kontaktieren. In der Regel haben diese Telefonzeiten, die auf der Website hinterlegt sind.
Wenn du Kontakt per E-Mail aufnimmst, schreib dort deinen Namen und dass du einen Therapieplatz möchtest und wie du versichert bist. Gib deine Telefonnummer an und schreib, wann du besonders gut erreichbar bist.
Du bekommst dann im besten Fall einen Termin zur Sprechstunde. Maximal finden drei Sprechstunden statt. Daran anschließend beginnt die „Probatorik“. Das sind maximal 4 Stunden, die für Diagnostik, Erstellung eines Störungsmodells und Planung der Therapie genutzt wird. Danach wird ein Antrag gestellt und notwendige Therapiestunden beantragt.
Sinn der probatorischen Stunden ist es auch, herauszufinden, ob du gut mit der Art der Therapeutin oder dem Therapeuten zurecht kommst und „ob die Chemie stimmt“. Es ist völlig in Ordnung in dieser Phase auch einen möglichen Therapieplatz abzulehnen, wenn du dich nicht wohl fühlst.
Es kann auch sein, dass du nicht direkt einen Termin für eine Sprechstunde bekommst. Frage nach, ob es eine Warteliste gibt. Falls es diese gibt, lasse dich darauf setzen und dir die Bedingungen erklären, damit du darauf bleibst. Du kannst außerdem in Erfahrung bringen, ob es Empfehlungen für andere Anlaufstellen oder Kolleg*innen gibt, bei denen du dich melden könntest.
Im schlechtesten Fall bekommst du eine Absage und den Hinweis, dass die Warteliste entweder jahrelang ist oder keine Warteliste mehr geführt wird.
Du kannst dich auf so viele Wartelisten setzen wie möglich. Hier gibt es kein Limit. Leg dir am besten eine Liste / Tabelle an, in der du alle kontaktierten Praxen dokumentierst hast und mit welche Rückmeldung du bekommen hast.
Niemand hat freie Kapazitäten? Deine gesetzliche Krankenkasse zahlt eine Privatpaxis!
Wusstest du, dass gesetzliche Krankenkassen dazu verpflichtet sind, die Versorgung ihrer Versicherten sicherzustellen?
Das bedeutet, wenn du dringend Psychotherapie brauchst, aber bei kassenzugelassenen Therapeut:innen keinen freien Platz findest, kannst du unter die Therapie in einer Privatpraxis machen – auf Kosten deiner Krankenkasse.
Das funktioniert über das sogenannte Kostenerstattungsverfahren.
Schritt 1: Nachweis des Therapiebedarfs
Hole dir eine ärztliche Bescheinigung von einer Klinik (Entlassbrief), deinem Hausarzt, Psychiater oder einem anderen Facharzt mit dem Vermerk, dass du eine Psychotherapie benötigst. Diese Bescheinigung könntest du auch im Anschluss an der psychotherapeutischen Sprechstunde bekommen, wenn dort kein zugehöriger Therapieplatz frei ist.
„Bei der Patientin besteht eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung. Diagnose(n): {Einsetzen}. Eine ambulante Psychotherapie ist dringend indiziert.“
Schritt 2: Dokumentiere deine erfolglose Therapieplatzsuche
Erstelle eine Tabelle und kontaktiere mindestens 5-10 kassenzugelassene Psychotherapeut:innen. Notiere dir folgende Punkte:
– Name der Praxis
– Datum des Anrufs oder der Mail
– Reaktion der Praxis (z.B. „Wartezeit 1 Jahr“ oder „nimmt keine neue Patient:innen auf“)
Hebe alle geschriebenen und ggf. beantworten Mails auf.
Schritt 3: Finde eine Privatpraxis mit freien Kapazitäten
Nutze die oben beschriebenen Schritte um eine passende Praxis zu finden. In den Filtern der Datenbanken kannst du nun „Private Krankenversicherung“ oder auch „Selbstzahler“ auswählen. Kontaktiere die Praxis und lass dir eine Bescheinigung geben, ab wann du dort behandelt werden könntest, sowie den Nachweis über die Approbation und Fachkunde und die Kosten pro Sitzung. Diese Unterlagen reichst du mit deinem Antrag bei der Krankenkasse ein.
Wichtig: Du brauchst eine Praxis in der ein*e ärztliche*r oder psychologische*r Psychotherapeut*in arbeitet.
Schritt 4: Stelle einen Antrag bei deiner Krankenkasse
Schreibe einen formlosen Antrag auf Kostenerstattung nach an deine Krankenkasse. Dieses kann z.B. so aussehen (copy + paste ist ausdrücklich erlaubt).
Antrag auf Kostenerstattung für Psychotherapie gemäß §13 Abs. 3 SGB V
Sehr geehrtes Team der {Name der Krankenkasse},
aufgrund akuten psychischen Leidens bin ich dringend auf eine ambulante Psychotherapie angewiesen. Leider ist es mir trotz mehrfacher Versuche nicht gelungen, innerhalb eines zumutbaren Zeitraums einen Therapieplatz bei kassenzugelassenen Therapeut:innen zu finden. Ich bitte daher um Übernahme der Kosten für eine Behandlung in einer Privatpraxis.
Im Anhang finden Sie:
– Ärztliche Bescheinigung
– Liste meiner Kontaktversuche bei Kassentherapeut:innen
– Bestätigung meiner Wunschtherapeutin, dass sie zur Durchführung berechtigt ist und kurzfristig Termine anbieten kann
Mit freundlichen Grüßen
{Dein Name}
Schritt 5: Antwort abwarten
Der Antrag muss vor Beginn der Therapie gestellt und genehmigt werden! Wenn du schon mit der Therapie beginnst, bevor du eine Zusage der Kasse hast, riskierst du, die Kosten selbst tragen zu müssen.
FAQ
Therapie hört sich an, als wäre ich ein Psychopath!
Therapie ist für alle Menschen, denen es nicht gut geht. Dazu gehören Menschen mit Depressionen, Angststörungen, Schlafstörungen und, und, und. Sich Unterstützung zu holen ist ein Zeichen von Stärke und bedeutet nicht komisch oder verrückt zu sein.
Ich möchte keine Therapie, war als Kind mal in einer. Da haben wir nur gespielt.
Therapie für Kinder und Erwachsene ist anders. Wenn du älter bist und noch immer Beschwerden hast, die dich im Alltag einschränken, würde ich dem ganzen noch eine Chance geben. In den sogenannten „Probatorischen Sitzungen“ kannst du herausfinden, ob Therapie etwas für dich ist.


